Isla Veritas

Als ich 11 Jahre alt war, reiste ich für zwei Wochen nach Mexiko. Unser Hotel befand sich direkt am Strand und von dem Restaurant aus, wo wir jeden Mittag aßen, hatte man einen wunderbaren Blick über das karibische Meer. Mir gefiel es dort sehr und ich erinnere mich noch daran, dass wir uns jeden Tag aufs Neue sagten, dass wir nicht vergessen durften, diesen Ausblick vor unserer Abreise zu fotografieren. Doch wir vergaßen es.

15 Jahre und zahlreiche Reisen später, kann ich mich an den Ausblick noch so gut erinnern, als ob es erst gestern gewesen wäre. Und nicht nur das. Ich sehe das türkisblaue Meer vor mir, den puderweißen Strand, die zahlreichen Palmen. Ich erinnere mich an die Leguane, die bis an den Strand kamen, neugierig, langsam, majestätisch. Ich erinnere mich an Sombreros und Tequila und daran, dass ich nicht verstand, warum gerade letzteres Abends so angepriesen wurde. Ich erinnere mich an gewebte Hängematten, bunte Cocktails, dichte Wälder. Pyramiden, Grabstätten und viel Tourismus. Und ich frage mich, wie lange ist es her als ich mir die Urlaubsfotos das letzte Mal angeschaut habe? Drei Jahre, fünf, vielleicht auch sogar schon acht? Ich weiß es nicht. Aber die Erinnerung ist trotzdem da.

Zeig mal – das Verlangen in der heutigen Zeit nach einer verbildlichten Referenz ist inzwischen so gut wie überall Gang und Gebe. If it’s not on instragram, it didn’t happen. Und dann komme ich. Und enttäusche. Denn genau wie damals vergesse ich es eben oft Fotos zu machen. Weil ich den Moment genieße, das Geschehe nicht durch ein Display sehen will. Wenn man bloggt, insbesondere über Reisen, dann ist es schon beinahe fatal, wenn man keine Fotos vorzuweisen hat. Worte verlieren an Bedeutung, an Attraktivität. Und ich verliere die Lust daran meine Geschichten zu teilen. In vielen Fällen mangelt es mir meist noch nicht einmal an entsprechendem Bildmaterial, jedoch an der Fähigkeit dem Perfektionismus der heutigen Zeit gerecht zu werden. Für mich stand immer die Geschichte im Vordergrund; die Geschichte, die ich mit meinen sorgsam gewählten Worten erzähle und an der ich Spaß habe, sie zu erzählen.

Wenn ich erzähle, dass ich über meine Reisen blogge, werde ich eigentlich immer nach meinem Instagramaccount gefragt. Und danach definiert. Was nicht viel ist, da dort auch nicht viel passiert. Aber das hier ist mein Blog, das ist hier ist mein Schaffen. Es geht nicht um Follower oder Reichweite. Es geht darum Erinnerungen heraufzubeschwören, in Worten festzuhalten und mit denen zu teilen, die Spaß daran haben, eben diese Geschichten zu lesen. Ich schrieb Geschichten, weil es mir Spaß machte. Und ich hörte auf, weil der Spaß irgendwann verloren gegangen ist.

In meinen Geschichten war ich immer gnadenlos ehrlich. Hat mir ein Ort nicht gefallen, so brauchte ich die Sache gar nicht erst schön zu reden. Was hätte ich davon, was hättest du davon? Wenn ich Geschichten erzähle, dann erzähle ich sie so, wie ich sie erlebt habe oder wie ich es gerne erlebt hätte. Und lasse mir von niemanden reinreden. Doch das scheint ein Ding der Unmöglichkeit geworden zu sein.

Schon der ganze DSVGO Stress im letzten Jahr, nahm mir die Lust mich mit meinem Blog weiter zu beschäftigen. Doch noch schlimmer ist inzwischen die Werbung, die keine ist. #werbungwegenmarkennennung, unbezahlt  – Wie oft stolpere ich täglich über diese Aussage. Wenn ich über meine Reisen schreibe, dann gehört es für mich einfach dazu zu schreiben, wo man war, was man gemacht hat. Und ja, natürlich mache ich dabei kostenlos Werbung für alles, was ich erwähne. In manchen Fällen ist sie positiv, in manchen Fällen negativ. Aber sie ist und bleibt Teil meines Erlebnisses. Und so sehe ich die Erwähnung eines Ortes, eines Geschäfts oder eines Restaurants auch nicht als Werbung an, sondern schlichtweg  als Baustein meiner Geschichte. Und jeder muss sich darüber selbst ein Urteil bilden.

Dieser Blog kann Spuren von unbezahlter Werbung beinhalten – Ein wenig muss ich ja darüber schmunzeln. Was für eine doofe Aussage. Aber so scheint es heutzutage zu laufen. Dann gebe ich mich diesem Irrsin eben hin, denn in den vergangen Wochen habe ich wieder Lust bekommen Geschichten zu schreiben. Mein Kopf ist voller Ideen. Es geht wieder los. Und ich kann es kaum erwarten.

 

 


6 Gedanken zu “Isla Veritas

  1. Du sprichst mir aus dem Herzen und toll geschrieben! Das mit dem Werbeding geht mir sooo auf die Nerven und ich frage mich, ob das nicht oft Wichtigtuerei ist? Ich meine, irgendwo gelesen zu haben, dass das mit der Kennzeichnungspflicht für selbstgekaufte Sachen nur für Influencer ab etwa 50tausend Follower gilt – und wer hat die schon?
    Aber wie immer ist unsere liebe Bundesregierung schuld, weil sie immer noch nicht in der Lage waren, endlich einen allgemeingültigen Standard festzusetzen.
    Also dreimal tief Luft holen und fröhlich weitermachen!
    LG, Karin

    1. „Dreimal tief Luft holen und fröhlich weitermachen“ – das trifft es auf den Punkt. Daran werde ich mich halten :-)
      Und es ist wirklich schön auf Zustimmung bei diesem Thema zu treffen. Liebe Grüße!

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